Abgeschieden von der westlichen Welt hatten die Chinesen ihr hochdifferenziertes Denkgebäude aus frühester Zeit bewahrt und verfeinert. Es zeichnet sich durch eine ganzheitliche Betrachtungsweise besonderer Art aus.
Die westliche Medizin sucht nach Veränderungen der Organe, sie analysiert die Zusammensetzung des Blutes oder spürt „Erreger“ auf. Ihre Grundlagen sind die Anatomie (die Wissenschaft vom Körperbau des Menschen) und die Histologie (die Wissenschaft von den Geweben). Sie ist also eine stoffbezogene Wissenschaft, eine somatische Medizin.
Im Gegensatz dazu untersucht die chinesische Medizin Bewegungen, Dynamisches, Psychisches und Funktionen. Die Befunde chinesischer Ärzte sind direkte Aussagen über Funktionen und Ihre Störungen, ohne ausdrückliche Bezugnahme auf Organe oder Nerven oder den Blutkreislauf. Deshalb eignet sich die chinesische Medizin in erster Linie zur Heilung von Funktionsstörungen (was die Mehrzahl unserer westlichen Krankheitsbilder ausmacht!).
Das aber sind genau jene Krankheiten, bei denen die westliche Medizin oft nicht zu schlüssigen Befunden kommt (Prof. M. Porkert).
Das Beste aus 2 Welten
Zeitgemäße“ chinesische Medizin sieht westliche und fernöstliche Medizin nicht als Konkurrenten, sondern als vortreffliche Ergänzung. Auch wenn ich heutzutage chinesische Medizin praktiziere, integriere ich mein Wissen als ausgebildete Schulmedizinerin in meine Diagnostik und Therapie und arbeite mit zwei Allgemein-Medizinerinnen und einer Psychotherapeutin zusammen, um dem Patienten das Beste aus 2 Welten zukommen zu lassen.
Chinesische Medizin für die westliche Welt
lautet der Buchtitel von Dr. Christian Schmincke, Chefarzt der Klinik am Steigerwald (chinesische Privatklinik in Gerolzhofen). Er deutet damit an, dass diese Art / Technik von chinesischer Medizin, die wir praktizieren, auf die Bedürfnisse unsererwestlichen Zivilisation zugeschnitten ist.
Es ist das Verdienst von Professor Manfred Porkert und Dr. Fritz Friedl, die sogenannte „Traditionelle“ chinesische Medizin (auf die Bedürfnisse der in China lebenden Bevölkerung zugeschnittene, der damaligen Lebensgewohnheiten angepasste Medizin) an unsere Lebens-Verhältnisse anzupassen und dadurch zu optimieren.
Dies verstehe ich als „zeitgemäße“ Interpretation der chinesischen Medizin, als notwendige Adaption eines intelligenten, ganzheitlichen und herausragenden Medizinsystems. In der chinesischen Medizin finden Sie nicht nur ein intelligentes Diagnose- und Therapiesystem, sondern darüber hinaus einen achtsamen Umgang mit dem Gegen-über, wo Zeit und Gespräch Raum finden.
Über ganzheitliche Diagnostik, Armaturenbretter und Trittbrettfahrer
Die „Symptome“ oder „subjektiven Beschwerden“ entsprechen im Organismus eigentlich der „Armaturenbrett-Ebene“. Also die Ebene, wo dem Körper auf eine deutliche und eindrucksvolle Art und Weise signalisiert wird: - „Hier stimmt was nicht!“ - „Da läuft was schief!“ - „Du überforderst dich gerade!“
In der chinesischen Medizin nutze ich die Vielfalt der Symptome als Teile eines Mosaikes, die zusammengehören. Wie die Teile eines Puzzles, wie die Blätter eines Baumes, sprechen sie eine Sprache, die gehört und verstanden werden will. Die Armaturenbrett-Ebene hilft mir die entsprechenden Blockaden / Disharmonien im System zu finden. Ich analysiere das Gesamtsystem und sehe, dass viele „Blätter“ eine Wurzel haben – somit formt sich aus den Einzelelementen, den einzelnen Symptomen im Körperlichen wie im Psychischen ein Gesamtbild, ein Muster.Durch genaue Befragung des Patienten, durch das Verstehen des „psychisch-emotionalen“ Musters eines Menschen, unter Zuhilfenahme der Puls- und Zungendiagnostik, kann ich grundsätzliche Probleme im Organismus identifizieren und entsprechend behandeln.Diese Form der Diagnose sehen wir als ganzheitlich an, da alle Ebenen des Organismus mit einbezogen werden: Körper, Geist und Seele. Diese einzelnen Bestandteile werden als Gesamtheit verstanden, wahr-genommen und nicht voneinander unter-schieden.Viren und Bakterien spielen bei den meisten Prozessen nur eine „Trittbrettfahrerfunktion“. Entscheidend ist immer der Zustand des Gesamtsystems, das mit dem sogenannten Immunsystem eng verwoben ist.